Whale Watching auf Vancouver Island: Ein Erfahrungsbericht

Buckelwal im Blackfish Sound
In Kanada Wale beobachten. Ein lang gehegter Traum, der nicht nur auf unserer Bucketlist weit oben steht, sondern wohl bei vielen großen und kleinen Weltenbummlern. Wir haben ihn uns erfüllt. Haben ihn gebucht, den Whale Watching Trip auf Vancouver Island. Haben Orcas und Buckelwale in den Wellen des kalten Pazifiks gejagt. Nur mit der Kamera, versteht sich. Und möchten hier unsere Erfahrungen mit euch teilen.

Der Plan steht: Orcas und Buckelwale

Wir haben im vergangenen Jahr aufgrund der Pandemie recht kurzfristig mit der Planung unserer dreiwöchigen Kanadareise begonnen. Erst ca. 6 Wochen vorher gebucht. Der Plan, den Trip fürs Whale Watching zu nutzen, fassten wir also etwa 5 Wochen, 6 Tage, 23 Stunden und 59 Minuten vor Abflug.

Obwohl, das entspricht nicht ganz der Wahrheit. Denn einer von uns hegte ihn bereits in den 90er Jahren. Von dem Moment an, wo Ralph Caspers in “Noahs Kids” Kinder auf Reisen zu ihren Lieblingstieren begleitete und plötzlich springende Buckelwale über den Bildschirm im Kinderzimmer flimmerten. Aber ich schweife ab.

Zum Whale Watching auf – oder besser gesagt vor – Vancouver Island sollte es also gehen. Orcas und Buckelwale beobachten. Denn die bisherigen Walbebobachtungstouren in Island und Boston waren leider nicht sonderlich erfolgreich gewesen. Es gab lediglich wenig Wal, dafür aber ganz viel Seekrankheit. Im südafrikanischen Hermanus konnten wir Wale trockenen Fußes von der Küste aus beobachten. Das hat rückblickend betrachtet aber eher das Verlangen nach “mehr” gesteigert, als es dies befriedigt hat. Flosse Buckelwal

Möglichkeiten des Whale Watching auf Vancouver Island

Der Entschluss, dass wir es machen wollen, fiel also schnell. Sehr schnell. Lediglich das “wie?” stellte uns vor Herausforderungen. Denn vor Kanadas wilder Insel kann man nicht nur per Boot oder Schiff auf Beobachtungstrip fahren. Und das auch noch von diversen Orten wie Victoria, Ucluelet, Tofino, Nanaimo, Campbell River und Telegraph Cove. Sondern auch im Selbstfahrermodus via Kayak oder Kanu in eintägigen Touren oder gar mehrtägigen Camps. Kayaken mit Orcas. Wie cool ist das denn bitte?

Beim Blick auf die Preislisten der mehrtägigen Camps war für uns jedoch schnell klar: das sprengt das Budget (und auch den zeitlichen Rahmen). Wir fanden bei einem einzigen Anbieter jedoch auch die Möglichkeit eines Tagesausflugs. Da wir ohnehin paddeln gehen wollten für uns absolut perfekt. Allerdings auch nicht ganz ohne Aufwand. Denn die Tour sollte in Telegraph Cove starten, einem abgelegenen Örtchen im Norden der Insel. Die Walhauptstadt Kanadas. Dem Mekka der Orca-Fans. Mehr als 5 Stunden Anreise mit dem PKW ab Nanaimo (eine schnellere Verbindung z.B. via Fähre gibt es nicht) soll uns das kosten. Aber wir wären ja nicht wir, wenn wir uns von sowas abbringen lassen würden. Und so buchten wir zwei Nächte im benachbarten Port McNeil (deutlich günstiger als direkt in der Telegraph Cove). Und einen eintägigen Kayaktrip.

Zu früh gefreut

Wenige Tage vor unserer Abreise flatterte die Absage für unseren Kayaktrip ins Haus. Aufgrund der Pandemielage bräuchte man die wenigen verfügbaren Guides leider für die längeren (und deutlich lukrativeren) mehrtägigen Camps. Großes Sorry. Von dem wir uns aber nur wenig kaufen können. Wenigstens einen kleinen Rabattgutschein für die Partnerfirma gibt es. Die bietet auch Bootstouren von Telegraph Cove an.

Frustriert begeben wir uns erneut in die Planung. Wir wollten unbedingt mit Orcas kayaken.  Nur dafür haben wir die beiden Tage im abgelegenen hohen Norden Van Islands gebucht. Eine läppische Bootstour, die hätten wir überall haben können. Ohne stundenlange Fahrtzeiten.
Ihr malt euch nicht aus, wie viele Stunden wir damit zugebracht haben, einen adäquaten Ersatz für Whale Watching und Kanuerlebnis zu finden. Wir sind eben perfektionistisch, was unsere Trips angeht. Letzten Endes entscheiden wir uns, das unterbreitete Angebot anzunehmen und zusätzlich ein paar Stunden in der nicht weit entfernten Alder Bay paddeln zu gehen.

Pech lass nach

Die Anreise in den hohen Norden dauert tatsächlich so lange, wie befürchtet. Da wir am gleichen Tag erst mit der Fähre von Vancouver übergesetzt sind, kommen wir erst spät an. Am nächsten Morgen genießen wir eine tolle Kanutour. Und freuen uns auf einen Nachmittag mit den Walen. Telegraph Cove

Überpünktlich betreten wir das Office von Prince of Whales* in Telegraph Cove. Es gibt schließlich aus Pandemie- und versicherungsrechtlichen Gründen vor Ort noch etwas Papierkram zu erledigen. Und dort folgt gleich der nächste Schock. Denn unserer Zodiac-Tour ist abgesagt. Weil die Mindestteilnehmeranzahl nicht zusammengekommen ist. Zugegeben, wir hatten sowas schon bei Buchung befürchtet. Waren wir doch die einzigen Teilnehmer zum Buchungszeitpunkt gewesen. Aber irgendwie hatten wir gehofft, dass sich trotz Pandemie im abgelegenen Telegraph Cove genug Interessenten finden würden. Und erwartet, dass eine notwendige Absage sonst rechtzeitig erfolgen würde.

Fast sehen wir unsere Felle – äh Wale – davonschwimmen. Aber zum Glück gehen an dem Tag laut Fahrplan noch andere Touren. Wir zeigen uns hoffnungsvoll. Und werden wieder enttäuscht. Denn auch diesen Trips ist es nicht anders ergangen: gestrichen. Irgendwie steht diese Walbeobachtungsfahrt einfach unter keinem guten Stern.

Das einzige, was man uns anbieten kann, ist ein Trip am folgenden Morgen. Oder an einem anderen Tag vom Standort in Victoria. Beides kommt für uns eigentlich nicht in Betracht. Schließlich haben wir unsere übrige Zeit auf Vancouver Island schon für andere Aktivitäten verplant. Außerdem sind wir nur wegen der Orcas und Wale so weit in den Norden gefahren. Und morgen, da fahren wir doch weiter. Über 500 km Strecke (was auf kanadischen Straßen Ewigkeiten dauert). Wie sollen wir da noch kurz 3 bis 4 Stunden Walbeobachtung unterbringen?

Wir erbitten eine Bedenkpause. Und kurze Zeit darauf geben wir uns geschlagen und verschieben den Trip auf den folgenden Morgen.  

Auf  Walfahrt

Im morgendlichen Dunst stehen wir am Peer. Mit uns sind es 9 Tourteilnehmer. Hallelujah, der Trip findet statt! Nachdem der Papierkram erledigt ist, bemühen wir uns alle in die dicken Thermo-Overalls, die man uns gegen Wind und Wetter ausgehändigt hat. Wir sehen aus wie eine Horde roter Michelin-Männchen. Beim Besteigen des kleinen Schlauchbootes, welches in 4 Reihen platz für maximal 12 Personen bietet, wird uns kurz schwummrig. Ob das mit unserer Seekrankheit so eine tolle Idee war? Aber wir wollten so gerne nah an den Tieren sein und haben uns bewusst gegen eine Tour im großen Schiff entschieden. Außerdem hatten wir eh keine andere Wahl, dies war die einzige Möglichkeit, dass unser heiß ersehntes Whale Watching auf Vancouver Island überhaupt stattfinden würde. Wenigstens haben wir die letzte Reihe ganz für uns alleine, sodass wie im Falle eines seekrankheitsbedingten Zwischenfalls zumindest keinen unschuldigen Dritten in Mitleidenschaft ziehen würden.

Unsere Sorgen sind völlig unbegründet. Nicht einmal die Spur von Seekrankheit überkommt uns, während das kleine Schlauchboot mit Hochgeschwindigkeit über die Wellen prischt. Es geht im rasanten Tempo vorbei an felsigen Küstenabschnitten mit üppigen Wäldern. Wir genießen die phänomenalen Aussichten, während uns die frische Seeluft wild um die Nasen weht. nach etwa einer halben Stunde halten wir. Wir sind angekommen. Angekommen im Blackfish Sound. Jetzt heißt es hoffen und warten auf Orcas. Im Zodiac auf die Wale warten

Orcas Ahoi!

Unser Guide versorgt uns leise mit vielen spannenden Details und Informationen rund um die Insel und die Meeressäuger. Da hören wir sie auch schon. Aufgeregt starrt das gesamte Boot aufs Wasser. Plötzlich ein Kreischen von vorne Links. Wildes Gefuchtel mit dem ausgestreckten Finger. “Da! Da!”. Eine Fontäne spritzt empor, es folgt eine eine schwarze Rückenflosse. Und binnen eines kurzen Augenblicks finden wir uns umzingelt von einer kleinen Orcaschule.
Orcamutter mit Jungtier
Was für wunderschöne Tiere. Wir beobachten sie eine ganze Weile. Folgen ihrem Weg immer wieder gemütlich in unserem Schlauchboot, ohne ihnen zu sehr auf die Pelle zu rücken. Meistens ist der Motor aus und wir warten, dass sie zu uns kommen. Uns flankieren. Oder verspielt direkt unter der Oberfläche unter uns hindurch tauchen.

Buckelwalmomente

Irgendwann entscheidet unser Guide, dass es für uns Zeit wird, weiterzufahren. Denn über Funk hat er die Info bekommen, dass ganz in der Nähe Buckelwale sein müssen. Als wir ein Stückchen fahren, bekommen wir Besuch von einem anderen Walbeobachtungsboot. Über das Hydrophon der Nachbartour lauschen wir gemeinsam gebannt dem melodischen Unterwassergesang eines Buckelwals. Unser Guide erklärt uns, dass er nicht weit weg sein kann. Ist er auch nicht. Denn wenige Augenblicke später springt hinter dem zweiten Boot ein Wal aus den glitzernden Fluten. Wahnsinn! Wir werfen den Motor an und fahren näher ran. Springender Buckelwal vor Vancouver Island Immer wieder hüpft der riesige Buckelwal aus dem Wasser und landet mit einem lauten Platschen wieder im Meer. Das Wasser spritzt Meterhoch. Unser kleines Schlauchboot tänzelt auf dem Wasser, während wir das imposante Tier beobachten. Es ist einfach wunderschön, diesem sanften Riesen zuzusehen. Wieder schlägt er seine mächtigen Flossen auf die Wasseroberfläche. Dreht und rollt sich, streckt die Fluke hoch in den Himmel. Wir alle sind ergriffen von diesen ganz besonderen Momenten. Alle schweigen und genießen, hin und wieder klicken Kameras leise vor sich hin.

Adler, Seelöwen & Co.

Noch stundenlang könnten wir alle dem Wal bei seinem munteren Spiel zuschauen. Doch alles hat einmal ein Ende und so müssen wir uns auf den Rückweg machen. Während wir mit Vollspeed über das Meer rauschen, tauchen neben dem Boot plötzlich ein paar Delfine auf. Als wir nach einer Zeit auf eine kleine Felseninsel zusteuern, drosselt unser Tourguide das Tempo und schaltet den Motor ab. Seelöwen! Seelöwen vor Telegraph Cove Eine riesige Kolonie, direkt vor unseren Augen. Einfach drollig. Mit gemütlichem Tempo steuern wir an der Küste entlang auf die Einfahrt der Telegraph Cove zu. Dabei werden wir mit Adleraugen beobachtet. Schnell entscheidet der Weißkopfseeadler auf seinem Ast jedoch, dass er von uns Touristen keine Gefahr ausgeht und er widmet sich lieber wieder der Gefiederpflege. Adler Vancouver IslandWir hingegen müssen die ganzen zauberhaften Eindrücke des Vormittags nun erst einmal verarbeiten. Und schauen, wir wir uns gleich ohne peinliche Verrenkungen aus dem Michelin-Männchen-Look wieder befreien können.  

Piraten-Fazit

Unsere Whale Watching-Tour war der Wahnsinn und mit Abstand die beste, die wir je unternommen haben. Einige organisatorische Dinge im Vorfeld waren zwar ärgerlich, aber in Kanada ticken die Uhren nun mal etwas anders.  Wir sind dankbar, dass wir genug Zeitpuffer eingeplant hatten, um unseren Traum vom Whale Watching auf Vancouver Island zu erfüllen. Noch heute, ein halbes Jahr später, erinnern wir uns unheimlich gerne an dieses Erlebnis zurück. Und das wird gewiss noch eine ganze Weile so bleiben.
*Hinweis: Die Nennung und Empfehlung unseres Touranbieters erfolgt vollkommen unentgeltlich. So können wir euch gänzlich unvoreingenommen von unseren positiven und negativen Erfahrungen mit unserer Tour berichten.

2 Kommentare bei „Whale Watching auf Vancouver Island: Ein Erfahrungsbericht“

  1. Oh das ist ja großartig… Ich habe das mit meiner Mutter 2015 von Vancouver aus gemacht, aber ein größeres Boot… Wir haben trotzdem Orcas gesehen, das war wirklich eine der beeindruckendsten Reiseerfahrungen bis heute…. Und eine Erfahrung die ich gerne wiederholen würde… Tolle Foto’s habt ihr gemacht!

    1. Passport Pirates sagt: Antworten

      Das freut uns, liebe Vera, dass es bei euch auch so gut mit den Orcas geklappt hat.
      Immer wieder wunderschön wenn man solch besondere Erinnerung von seinen Reisen mitnehmen kann.

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