Tatsächlich war uns aber überhaupt nicht nach Lachen zu Mute, als langsam klar wurde, dass unser mit viel Herzblut geplanter und sehnlichst herbeigewünschter Wanderurlaub in Cornwall wegen Corona ausfallen würde. Noch weniger als feststand, dass wir teilweise auf den Kosten für die bereits erworbenen Zugtickets für An- und Abreise sitzenbleiben würden, weil das Reiserecht diesbezüglich lediglich Pauschaltouristen schützt und unterstützt. Wir als Individualurlauber hingegen waren auf die Kulanz der Zugunternehmen angewiesen. Doch die zeigten sich in Teilen leider nur wenig flexibel, obwohl auch ihnen die Situation rund um die weltweite Pandemie nicht entgangen sein sollte.
Besonders negativ tat sich dabei leider Die Bahn hervor, bei der es weder Geld zurück noch einen Gutschein gab. Lediglich die Gültigkeit der Tickets wurde verlängert. Was uns aber wenig genutzt hat, da wir weder zu einer späteren Zeit reisen konnten noch wollten. Aber da zum damaligen Zeitpunkt in ganz Großbritannien ein Beherbergungsverbot für Touristen bestand und auch der Umstieg in Brüssel aufgrund von Einreisebeschränkungen nicht möglich war, konnten wir den Trip einfach nicht antreten. Es musste also ein neues Ziel her. Und da wir im letzten Jahr so angetan von unserem Ausflug nach Quedlinburg waren, entschieden wir uns kurzerhand für den Urlaub im Harz.
Was wir uns vom Urlaub im Harz erhofft haben
Wir geben ganz offen zu, dass wir bekennende Auslandstouristen sind. Ferne Länder geben uns einfach mehr als Good old Germany. Uns sind die Auswirkungen für die Umwelt dabei selbstverständlich bewusst und wir versuchen inzwischen unsere Reiselust möglichst klimafreundlich auszuleben. Von NRW mit dem Zug nach Cornwall zu fahren statt mit deutlich geringem zeitlichem und finanziellem Aufwand einfach zu fliegen, war daher beispielsweisen so eine Idee von uns. Aber das nur so am Rande.Urlaub in Deutschland, das hatten wir für „später“ geplant. Später, wenn man mal kleine Kinder hat. Oder später, wenn man älter ist und nicht mehr so weit reisen kann oder möchte. Dass aus „später“ plötzlich „jetzt“ werden würde, kam für uns recht plötzlich. Zwar in Anbetracht der Coronasituation nicht überraschend, aber bis zuletzt hatten wir irgendwie auf unseren Auslandsurlaub gehofft.
Urlaub im Harz. Das klang in unseren Ohren so furchtbar spießig. Fuhren da sonst nicht nur Oma und Opa hin? Aber naja, die schienen ja immer begeistert, wenn sie von ihren Touren erzählten. Ebenso die Kollegen, die von den vielen Wandermöglichkeiten und dem grandiosen Erholungsfaktor des Mittelgebirges schwärmten. Und Quedlinburg mit seinen zuckersüßen Fachwerkhäusern (und dem köstlichen Käsekuchen, mhmmm) hatte uns ja nun auch wirklich gut gefallen. Wieso also nicht Urlaub im Harz machen? Viel Natur, hübsche Ortschaften und leckeres Essen. Das ist doch eigentlich genau unser Ding. Und so ein bisschen spießig sind wir zwei Beamtenseelen doch ohnehin, oder? Also das Beste aus der Situation gemacht, die Koffer gepackt und auf in die Coronaferien.
Schöne Dinge, die wir im Harz sehen und erleben durften
Quedlinburg
Ja, das ist jetzt ein wenig gemogelt. Schließlich waren wir bereits im letzten Jahr in Quedlinburg. Die Altstadt ist aber einfach zu zauberhaft, als dass wir sie euch vorenthalten möchten. Denn nicht umsonst trägt Quedlinburg mit seinen 1200 Fachwerkhäuschen aus sechs verschiedenen Jahrhunderten seit 1994 den Titel des UNESCO Welterbes. Über den Dächern der Stadt thronen auf dem Schlossberg Königspfalz und Damenstift Quedlinburg. Das wirklich interessante Schlossmuseum hat wegen ausgedehnter Umbaumaßnahmen aktuell leider bis mindestens 2022 geschlossen. Der Stiftsberg, die Stiftskirche, sowie der Barockgarten bleiben jedoch während der gesamten Bauzeit geöffnet. Ein Besuch des Geländes lohnt also trotzdem. Und im Anschluss können hungrige Weltentdecker bei einem leckeren Stück berühmt berüchtigten Quedlinburger Käsekuchen wieder zu Kräften kommen.Wir haben uns damals für ein Stück in der Käsekuchenbäckerei Cafe Vincent* entschieden. Lecker wars. Aber leider auch sehr gut besucht und daher ein wenig unentspannt.
Goslar
Während unserer Harzreise war die Stadt Goslar unsere Heimatbasis. Sie diente uns nicht nur als Ausgangspunkt für unsere Touren, sondern bot auch selbst einiges zu entdecken.Auch in Goslar gibt es allerhand Fachwerk und altes Gemäuer zu bestaunen. Das wunderschöne Rathaus blieb uns jedoch leider wegen Baumaßnahmen verborgen. Dafür konnten wir die prächtige Kaiserpfalz und das Erzbergwerk Rammelsberg erkunden, welches gemeinsam mit der Altstadt seit 1992 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Und wo wir gerade bei Kultur sind, da darf für den einen oder anderen ein köstliches, frisch gezapftes Bier nicht fehlen. Wie praktisch, dass in Goslar die Gose gebraut wird. Sie bietet nicht nur eine willkommene Erfrischung nach einem ereignisreichen Urlaubstag, sondern eignet sich darüber hinaus auch hervorragend für den Kochtopf. Haben wir im Brauhaus Goslar* selbst getestet und als ausgesprochen schmackhaft empfunden.
Wernigerode
Auch die Fachwerkhäuser von Wernigerode locken schaulustige Besucher an. So auch uns. Das historische Stadtzentrum ist ein Augenschmaus, kleine Geschäfte, Cafes und Gaststätten laden zum Flanieren und Verweilen ein. Nach einer kurzen Stärkung bietet sich der Weg hinauf zum Schloss an. Die Aussicht vom Vorplatz ist gratis, zahlende Besucher können auch einen Rundgang durch das geschichtsträchtige Bauwerk samt Museum machen.Stolberg
Das 1400 Seelen zählende Örtchen Stolberg ist zuckersüß und hat uns ausgesprochen gut gefallen. Viel mehr als ein Streifzug durch die kleinen Straßen gibt es zwar nicht zu erleben, aber im Gegensatz zu den vorgenannten Städten trifft man hier auf deutlich weniger Besucher und hat so deutlich mehr Ruhe beim Schlendern und Fotosknipsen.Brocken
Mit 1142 m ist der Brocken der höchste Berg im Harz und ein wahrer Publikumsmagnet. Eine nostalgische Fahrt auf den Gipfel mit der dampfbetriebenen Brockenbahn ist für viele Urlauber eines der Highlights ihrer Harzreise. Die einfache Fahrt auf den Brocken ausgehend von einer beliebigen Station der Harzer Schmalspur Bahnen (HSB) kostet aktuell pauschal 31 €. Alle Infos zur HSB und die Fahrt auf den Brocken bekommt ihr hier. Neben dem Preis hat uns vor allem die Coronasituation von der Fahrt abgehalten. Denn auch, wenn das Tragen einer Gesichtsmaske unter allen Passagieren obligatorisch ist, ist es ein offenes Geheimnis, dass sich leider nach wie vor viel zu viele Menschen an derartige Vorgaben nicht halten (dazu weiter unten mehr). Und unsere Gesundheit für eine gemütliche Bummelfahrt aufs Spiel zu setzen, kam für uns nicht in die Tüte. Und so entschieden wir uns stattdessen, den Brocken über Goetheweg und Harzer Hexenstieg zu Fuß zu besteigen.Hängebrücke Titan RT
Im Rappbodental gelegen, überspannt der 458,5 m lange Brücke das Staubecken der Bode. Wer rüber schlendern möchte, der sollte nicht nur 6 € Eintrittsgeld mitbringen, sondern auch möglichst schwindelfrei sein. Das Schwanken der Konstruktion im Wind und der freie Blick durch die Gitterplatten in den 100 m tiefen Abgrund sind nichts für schwache Nerven. Wem das nicht genug ist, der kann seinen Urlaub im Harz hier zudem mit adrenalingeladenen Aktivitäten wie Megaziplining oder Wallrunning füllen. Mehr Infos bekommt ihr hier.Nicht so schöne Dinge, die uns im Urlaub im Harz erwartet haben
Menschen soweit das Auge reicht
Irgendwie klang es in den Medien so, als würden im Coronasommer gefühlt ganz Deutschland zu Nord- und Ostsee pilgern oder durch die Bergwelt Bayerns wandern. Das konnten wir uns kaum vorstellen. Denn gefühlt hielt sich ganz Deutschland zu dieser Zeit im Harz auf. Wer wie wir auf Ruhe in der Natur gehofft hatte, wurde bitterböse enttäuscht. So glich der Weg hoch zum Brocken stellenweise eher einer vielbefahrenen Autobahn für Wanderer, auf der es immer wieder zu Stau und Stockendem Verkehr kam und man den Strom an Menschen weder überholen noch irgendwie umgehen konnte. Und auch die Brockenbahn quoll aus allen Nähten. Wir konnten sie mehrfach beim Vorbeirattern beobachten. Auch in den Städten und Ortschaften war es voll. Auf den Straßen, in den Sightseeing-Bähnchen, in Museen. Restaurantbesuche waren ohne Vorabreservierung quasi nicht möglich.Das hatten wir tatsächlich in dem Ausmaß nicht kommen sehen. Denn wenn wir ganz ehrlich sind, so hätten wir uns dann wahrscheinlich für ein anderes Reiseziel entschieden.
Regen, Regen, Regen
Auf keiner Reise hat man eine Schönwetter-Garantie. Das ist uns sehr bewusst. Aber das es an jedem unserer sieben Tage im Harz in mehr oder weniger starkem Umfang geregnet hat, das hat uns tatsächlich irgendwann die Reiselaune etwas verdorben. Denn schließlich konnten wir wegen Corona auch nicht so ohne Weiteres umplanen und unsere Zeit gemütlich in Museen, Cafés und Co. verbringen, sondern waren eigentlich auf Outdooraktivitäten angewiesen.Vermindertes Freizeit- und Kulturangebot
Wegen Corona waren in allen besuchten Museen und Ausstellungen die Öffnungszeiten drastisch gekürzt, das Führungsprogramm stark eingestampft und oftmals sogar ganze Bereiche geschlossen. So hatte beispielsweise die Kaiserpfalz Goslar nur noch sehr begrenzt geöffnet und den Zugang zur Pfalzkapelle St. Ullrich gesperrt. Im Erzbergwerk Rammelsberg war es uns leider nicht möglich, an einer Führung teilzunehmen. Denn ganze Tourangebote entfielen, zudem wurden die Teilnehmergruppen der übrigen Führungen verkleinert. Brillenträger wurden von der Tour Untertage ausgeschlossen, da aufgrund von Temperatur und Luftfeuchtigkeit die Sicht wegen des zwingend notwendigen Mundnaseschutzes durch beschlagene Gläser zu sehr eingeschränkt gewesen wäre. Und so hätten wir auf den nächsten freien Platz in einer für uns machbaren Führung mehr als zwei Tage warten müssen. Da haben wir dann lieber verzichtet.Natürlich ist uns Bewusst, dass diese Einschränkungen alle dazu dienen sollten, Kosten einzusparen in dieser unsicheren Zeit. Niemand lässt ein riesiges Gelände unnötig lange geöffnet, wenn keine Besucher kommen. Aber scheinbar hat nicht nur uns die Besucherflut im Harz überrascht, sondern auch die Kultureinrichtungen. Denn die drastisch gekürzten Öffnungszeiten, verkleinerten Räumlichkeiten und beschränkten Tourangebote führten teilweise dazu, dass die Menschen sich stark knubbelten. Sei es an den Kassen oder in den Ausstellungen selbst. Für Zeiten, in denen man 1,5 m Mindestabstand halten soll, war es dadurch oftmals einfach viel zu voll und wir haben meist schnell das Weite gesucht. Ein (zeitliches) Ausdehnen des Angebots hätte also eigentlich mehr Sinn gemacht.
Maske und Abstand, aber doch bitte nicht im Urlaub
Wir hatten uns seit März relativ strikt an die Coronavorschriften und insbesondere an die jeweils geltenden Kontaktbeschränkungen gehalten. Entsprechend groß war der „Kulturschock“, als wir im Harz plötzlich mit so vielen Menschen mehr oder weniger freiwillig in Kontakt gerieten. Dies hat bei uns nicht unbedingt für positive Gefühle gesorgt. Aus guten Gründen. Denn immer wieder mussten wir leider feststellen, wie unbekümmert viele Touristen mit der Coronaproblematik umgehen.Abstandhalten ist für manche Menschen scheinbar eine nicht zu überbrückende Herausforderung. Ob an der frischen Luft oder in geschlossenen Räumen. So wurde gerne geschubst, gedrängelt und dem unbekannten Nachbarn unnötig nah auf die Pelle gerückt. Kurz abwarten und seinen Mitmenschen Platz machen wenn nötig? Fehlanzeige. Hauptsache man ist als erster Vorne, hat die beste Position fürs Foto und dergleichen.
Generell scheint das Verzichten im Urlaub ein großes Problem für so manchen zu sein. Anders konnten wir es uns nicht erklären, wie Sightseeing-Bähnchen und Brockenbahn derart voll sein konnten. Natürlich gibt es einige wenige Urlauber, die nicht mehr so gut zu Fuß sind. Aber die große Mehrheit hatte schlicht keine Lust, sich an der frischen Luft und auf eigenen Füßen auf Schlossberge und den Brocken hinauf zu quälen. Ist ja auch mit Anstrengung verbunden und viel unbequemer, als sich mitten in der Pandemie dicht an dicht mit wildfremden Menschen in einen niedlichen Bummelzug zu quetschen.
Corona macht keine Ferien
Das wäre ja noch alles mit einem zugedrückten Auge vertretbar gewesen. Wenn denn nicht auch noch bei vielen der Mund-Nase-Schutz völlig deplatziert unterm Kinn gebaumelt hätte oder immer wieder die Nasen Freigang hatten. Dabei gibt es die Schutzmasken in diversen Größen, Modellen und sogar mit verstellbaren Trägern, sodass wirklich für jeden ein passendes Modell auf dem Markt zu finden ist. Wir für unseren Teil können sowas nur mit großem Desinteresse und einer gewissen Ignoranz erklären, dass man ganz bewusst sich und auch andere auf diese Art und Weise unnötig gefährdet. Ja, Mund-Nasen-Schutz ist doof und lästig. Keiner, wirklich keiner, macht das gerne. Aber insbesondere als Urlauber hat man unserer Meinung nach eine besondere Pflicht, sich an Regeln zu halten. Schließlich ist man nur zu Gast und hat sich demnach entsprechend rücksichtsvoll und aufmerksam zu benehmen.Schade, dass so viele Reisende das offensichtlich anders gesehen haben. Wir haben uns dadurch in einigen Situationen wirklich unwohl gefühlt und immer wieder versucht, Kontakte zu anderen wo es nur geht zu vermeiden. Da kam es uns zu Gute, dass wir eine Ferienwohnung als Unterkunft gewählt hatten, und so auch nicht auf zusätzliche Restaurantbesuche und dergleichen angewiesen waren.
Piraten-Fazit
Der Harz ist eigentlich ein tolles Reiseziel mit interessanten, hübschen Ortschaften, viel Kultur und tollen Wandermöglichkeiten. Nur nicht zu Coronazeiten. Für unseren Geschmack zu viele Menschen, die sich auch leider nicht an die Coronaregeln hielten. Da kann natürlich der Harz nichts für. Schon klar. Das ist ein allgemeines Problem, dass einige Mitmenschen unserer Gesellschaft der Meinung sind, aus welchen Gründen auch immer auf die verschiedenen Coronamaßnahmen pfeifen zu müssen. Uns ist das aber leider wirklich sehr negativ aufgefallen. Und wurde durch das eher schlechte Wetter und die dadurch erzwungene Zusammenkunft mit derart veranlagten Menschen in vollen, geschlossenen Räumen leider nicht besser. Wir sind uns nach wie vor sicher, dass unsere ursprünglich geplante Wanderreise an der englischen Küste für uns deutlich weniger Coronarisiken geborgen hätte, als es letztlich dieser Urlaub im Harz getan hat. Aber die Dinge ließen sich nun mal nicht ändern.Eine zweite Chance hat der Harz sicherlich verdient. „Später“. Wenn man mal kleine Kinder hat. Oder wenn man älter ist und nicht mehr so weit reisen kann oder möchte. Und bis dahin hoffen wir einfach, dass das von uns so lieb gewonnene Weltenbummeln schnell wieder möglich sein wird.
*Werbehinweis Die köstlichen Speisen und Getränke in unserem Urlaub im Harz haben wir selbst bezahlt. Unsere Empfehlung erfolgt daher unentgeltlich und aus persönlicher Überzeugung.
Hallo ihr beiden,
Corona und Reisen ist so eine Sache.
Ich konnte der Versuchung auch nicht widerstehen und war im September an der polnischen Ostsee. Da habe ich leider ähnliche Erfahrungen bezüglich der Corona Verhaltensregeln machen müssen. Hoffentlich wird 2021 ein besseres Jahr für Reiselustige.
Liebe Grüße
Lara
Hallo Lara,
wir hoffen auch sehr, dass 2021 das Weltenbummlerherz wieder höher schlagen darf und wünschen dir – egal ob nah oder fern – tolle Trips und unvergessliche Erlebnisse.
Ach was ein Zufall. Wir waren im Zuge von Corona auch im Harz, bereits im Mai. Es war schön, ja, aber ich sehe es ähnlich wie ihr. Corona und Urlaub ist leider so eine Sache… Und ich freue mich auch, wenn es wieder ins Ausland geht!
Liebe Frauke,
hoffen wir gemeinsam das Beste für 2021. Bisher sieht es ja leider noch schlecht aus, aber mal abwarten, ob in ein paar Monaten nicht doch der eine oder andere kleine Trip wieder machbar sein wird 🙂